Berlin, Deutschland
EIN LICHTKONZEPT ZUR BERLINER MAUER
Werkstattprogramm des Hauptstadtkulturfonds Berlin
Heute ist die Berliner Mauer als Bauwerk, das sich einst so gewaltsam in die Stadt eingebrannt hat, für den Passanten kaum noch zu erkennen und nachzuvollziehen. Es wird zunehmend schwieriger die historische, gesellschafts- und weltpolitische Dimension des Bauwerks in Erinnerung zu halten und sie nachfolgenden Generationen zu vermitteln.
Der „Berliner Lichtstreifen“ markiert durch blaue Lichtsteine den Verlauf der ehemaligen Berliner Mauer. Die Lichtsteine reihen sich in Sichtweite aneinander, bilden Erkennungszeichen und sind Synonym der Berliner Mauer.
Auf der 155 km langen Mauerstrecke wandert ein roter Lichtpunkt in der Geschwindigkeit eines Fußgängers an den blauen Lichtsteinen entlang und umkreist fortwährend die einstigen Westsektoren. Der rote Lichtpunkt ist ein Hauptmerkmal des Konzepts. Durch sein endloses Kreisen wird die Geschlossenheit des ehemaligen Grenzsystems deutlich. Der Zeitraum einer kompletten Umkreisung beträgt zwei Wochen.
Auf seinem Weg setzt der rote Lichtpunkt historische Orte und Ereignisse, die im Zusammenhang mit der Berliner Mauer stehen, in Beziehung. Erreicht er einen geschichtsträchtigen Ort – Grenzübergänge, Gedenkstätten oder Mauerreste – löst er für die Dauer seines Aufenthalts eine themabezogene Lichtinszenierung aus.
Am Checkpoint Charlie beispielsweise taucht der ankommende rote Lichtpunkt die Umgebung in zunehmend intensiver werdendes rotes Licht – visuelle Spannung wird erzeugt. Schließlich durchbrechen und markieren Schriftprojektionen mit Zitaten zum Kalten Krieg auf der Friedrichstraße die Szenerie: „Freedom is indivisible, and when one man is enslaved, all are not free”, John F. Kennedy 1963 (Zitat-Beispiel). Für die Passanten treten dadurch die historischen Ereignisse für kurze Zeit ins Bewusstsein. Nach wenigen Minuten erlischt die Inszenierung und der rote Lichtpunkt setzt seine Umkreisung fort.
Neben dem Checkpoint Charlie werden das Brandenburger Tor und der Gedenkort „Weiße Kreuze“ lichttechnisch inszeniert – weitere Orte, die bedeutend für die Geschichte der Berliner Mauer sind, neu entdeckt oder bewertet werden, können jederzeit in das Lichtkonzept integriert werden.
Über eine Website kann die Position des wandernden roten Lichtpunktes lokalisiert werden. Dies ermöglicht dem Interessierten, den roten Lichtpunkt und die temporär einsetzenden Lichtinszenierungen im Stadtraum konkret aufzusuchen und zu erleben.
Der „Berliner Lichtstreifen“ kennzeichnet den Verlauf der ehemaligen Berliner
Mauer bei Nacht und eröffnet dadurch eine neue Dimension der Wahrnehmung. Er ergänzt die Geschichtsmeile Berliner Mauer und den Berliner Mauerweg, die in ihrer Wahrnehmung primär auf den Tag begrenzt sind.
Licht spielte eine entscheidende Rolle bei der Sicherung der Grenzanlagen:
… Lichttrassen leuchteten den Todesstreifen taghell aus, sodass auch nachts günstige Sichtverhältnisse herrschten. Denn neben schwer überwindbaren Sperranlagen und dicht gestaffelten Grenzposten war der Schusswaffengebrauch das dritte und entscheidende Element der DDR-Grenzsicherung … (Quelle: Gesamtkonzept zur Erinnerung an die Berliner Mauer, Hrsg.: Senat von Berlin, 2006)
Die Transparenz des Berliner Lichtstreifens symbolisiert die gewonnene Freiheit – gleichzeitig mahnen die Konturen bei Nacht an die Vergangenheit. Der ehemalige Mauerverlauf wird nachts lesbar und für den Passanten zu einer unverwechselbaren Identität der Stadt.